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Über endlose Erwartungen

1. Teil – Was genau sind Erwartungen und wie entstehen sie?

Erwartungen, wer kennt sie nicht? Sie sind Alltagsbegleiter. Wir stellen sie an uns selbst, an andere und an das Leben generell. Und als ob das nicht ausreicht, schaffen wir uns zusätzlich Erwartungen, indem wir uns permanent mit anderen vergleichen, was andere haben, einmal hatten oder haben könnten. Überall dort, wo Menschen sind, treffen wir auf Erwartungen: auf unsere eigenen und auf die, die an uns gestellt werden.

Im Beruf wie im privaten Leben. Erwartungen entspringen unseren Vorstellungen, wie Dinge, Personen oder Lebensumstände sein sollten, weil wir es so kennen, so brauchen oder dies unseren Wertvorstellungen und unserem Denken entspricht. Sie können sich einerseits als bloße Vermutung zeigen, wie z. B. der neue Kinofilm von der Presse kritisiert werden oder wie der Gastgeber bei Verspätung seiner Gäste reagieren wird. Andererseits offenbaren sie einen Anspruch, wie sich etwas oder jemand verhalten oder entwickeln sollte.

Merkmale von Erwartungen

  1. Sie richten sich an die Zukunft, an das Ankommen, und nicht an den Weg. Sie beeinflussen unser Verhalten und verhindern den Blick auf den gegenwärtigen Moment, auf das, was ist. Wir sind weder offen für das eigene Erleben – für unsere Wahrnehmungen und unsere Gefühle –, noch können wir uns auf den anderen einlassen, weil wir in Erwartung dessen sind, wie es sein sollte. Das Gute, das vorhanden ist, für das wir dankbar sein könnten, übersehen wir.
  2. Sie engen ein und machen uns abhängig. Wir warten lieber auf ihre Erfüllung, anstatt aktiv zu handeln und zu gestalten.
  3. Sie sind oftmals unbewusst und bleiben unausgesprochen. Das macht Erwartungen so „gefährlich“. Man enttäuscht andere ohne es zu wissen, und das kann unterschiedliche Konsequenzen nach sich ziehen, schlimmstenfalls eine Trennung.
  4. Sie sind scheinbar endlos, solange die Unzufriedenheit den Wunsch nach noch mehr antreibt. Denn sie sorgt dafür, dass erfüllte Erwartungen unmittelbar durch neue ersetzt werden.
  5. Sie können sich in einer Haltung ausdrücken und verfestigen. Diese Erwartungshaltung erzeugt Druck in uns selbst oder im Gegenüber.

Erwartungen an andere sind die Projektion unserer eigenen Bedürfnisse auf eine Person oder an eine Sache, der wir die Verantwortung für ihre Erfüllung aufzubürden versuchen. Aus Angst vor Zurückweisungen und Kritik, aus Angst vor Trennung, passen wir uns allzu oft an und bemühen uns, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Auch unser Harmoniebedürfnis spielt dabei eine wichtige Rolle. Einen weiteren Grund sehe ich in der Erziehung. Wir sind sehr darauf konditioniert worden, verantwortlich für die Gefühle unseres Gegenübers zu sein bzw. sie für unser eigenes Wohlbefinden verantwortlich zu machen. Wenn wir jedoch Erwartungen von anderen nicht erfüllen wollen, kann es zu Konflikten kommen oder sogar zu Machtkämpfen. Auf alle Fälle sind Erwartungen eine unglückliche Art, dafür zu sorgen, dass ein Bedürfnis erfüllt wird.

Erwartungen an die eigene Person machen vor nichts Halt. Ob Aussehen, Fähigkeiten, Leistungen – unsere Ansprüche setzen uns oft unter Druck und münden in Unzufriedenheit und Schuldgefühlen, wenn wir unseren eigenen Erwartungen nicht gerecht werden. Eine bekannte und weit verbreitete Erwartungshaltung ist die, gerne perfekt sein zu wollen.Es gibt viele Spielarten von Erwartungen: eigene und fremde, bewusste und unbewusste, realistische und unrealistische und vor allem hohe.

Es gibt auch gerechtfertigte Erwartungen wie bei Verabredungen, Absprachen, Versprechen und Vereinbarungen, die sich durch eine gewisse Verbindlichkeit auszeichnen. In diesem Zusammenhang sind sie positiv zu bewerten.

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